Gross, schön, etwas plump und viel bejagt
20. September 2014 Bericht Seite 5 im Unter-Emmentaler. Von Liselotte Jost-Zürcher
Gross, schön, etwas plump und viel bejagt
Die Ringeltaube ist die grösste Taubenart Mitteleuropas und nicht zu verwechseln mit der herkömmlichen Stadttaube. An den Zugvogeltagen im Rahmen des European Birdwatch auf der Hinterarnialp ist sie einer der am meisten beobachteten Zugvögel. Dies, obwohl sie von Greifvögeln begehrt und in vielen europäischen Staaten gejagt wird.
Viele Feinde Ringeltauben sind korpulente, kräftig gebaute, relativ plump wirkende Tauben mit recht langem Schwanz und verhältnismässig kleinem Kopf. Mit einer Körperlänge von bis zu 43 cm und einer Flügelspannweite von 68 bis 77 cm sind sie die grössten Tauben Mitteleuropas. Männchen sind nur wenig grösser und schwerer als Weibchen. Das Gewicht ist im Herbst und im frühen Winter durch das gebildete Depotfett am höchsten und liegt bei durchschnittlich gut 500 Gramm – kein Wunder, sind Ringeltauben für Greifvögel oder gar für Uhus eine gesuchte Nahrung. Wanderfalke und Habicht versuchen oft in rasanten Jagdflügen, ein Tier aus den dicht fliegenden Trupps zu erbeuten. Aber nicht nur natürliche Feinde verspüren Lust auf einen Ringeltauben-Schmaus. Für Menschen sind diese oft eine willkommene Delikatesse und in ganz Europa eine begehrte Jagdbeute. In Deutschland beispielsweise dürfen sie in der Zeitspanne vom 1. November bis 20. Februar gejagt werden.
Durch die weissen Flügelbänder und den weissen Ring am Hals lassen sie sich leicht von andern Tauben unterscheiden. Bei den Ausgewachsenen sind der vordere Rücken und der Schulterbereich schiefergrau bis graubraun, der übrige Rumpf ist oberseits blaugrau. Kropfbereich und Brust sind blass weinrot, zum Bauch hin wird die Färbung heller. Der Kopf ist blaugrau. Auf den Halsseiten und im Nacken befindet sich von oben nach unten ein grünes metallisch schimmerndes Band, dann auf den Halsseiten ein weisser Fleck, der von einem glänzenden purpurroten Band abgelöst wird. Dieses zieht sich bis auf die Brust. Die Flügel sind schiefergrau und gegen aussen hin weiss. Die Steuerfedern sind auf der oberen Seite breit blaugrau, dann folgen eine hellgraue Binde und eine breite schwarze Endbinde. Die Geschlechter der Ringeltauben sind äusserlich sehr ähnlich. Weibchen zeigen an der Brust eine etwas weniger starke Rotfärbung, und die weissen Flecken an den Halsseiten sind etwas kleiner, was das Männchen kontrastreicher erscheinen lässt. Der Reviergesang ist ein dumpfes, heiseres und nicht sehr lautes Gurren, das an die Tauben im Märchen von Aschenbrödel erinnert: «Ruggediguh». Der Balzruf ist ein kürzeres «grruguruu». Die Tiere leben mehrheitlich in einer Saisonehe – offenbar verlieren sich die Pärchen beim Wegzug aus den Augen. Bei nicht ziehenden Populationen kommen auch Dauerehen vor. Die Reviergründung erfolgt durch die Männchen, wobei die Grösse des Reviers sehr variabel ist. Gegen Artgenossen verteidigen die Männchen nur die unmittelbare Nestumgebung. Die Balz beginnt im März oder April, zuweilen, insbesondere bei städtischen Populationen, bereits im Winter. Typisch ist der Balzflug des Männchens. Dabei fliegt das Männchen von einer hohen Warte 20 bis 30 Meter steil nach oben und klatscht laut mehrfach mit den Flügeln. Dann gleitet es mit waagerecht gestreckten Flügeln und gespreiztem Schwanz abwärts. Dieser Balzflug wird häufig zwei bis fünf Mal wiederholt.
Weibchen hat das Sagen Das Männchen bietet Nistplätze an; über die endgültige Auswahl entscheidet jedoch das Weibchen. Das Nest wird überwiegend auf Bäumen oder grossen Sträuchern gebaut, wobei die Tauben auf Sichtschutz achten. Im Frühjahr werden deshalb Nadelbäume bevorzugt. Die Ringeltauben sind allerdings überaus flexibel. Wo grössere Bäume fehlen, werden die Nester in Hecken angelegt, in Städten auch an Gebäuden, in Nischen oder auf Vorsprüngen. Etwa auf Inseln werden sogar auf dem Boden brütende Ringeltauben beobachtet. Zwei Jahresbruten sind häufig, drei kommen vereinzelt vor. Das Gelege besteht in der Regel aus zwei Eiern. Die Nestlinge werden wie bei allen Tauben mit Kropfmilch gefüttert, erhalten jedoch vom ersten Tag an auch die pflanzliche Nahrung der Eltern. Bei Folgebruten füttert häufig nur noch ein Elternteil die Jungvögel. Ringeltauben sind bei der Nahrungssuche ausserhalb der Reviere gesellig und bilden oft kleine Schwärme. Die Nahrung ist fast ausschliesslich pflanzlich und besteht vorwiegend aus Eicheln, Buchnüsschen und Getreidesamen. Dazu kommen Blätter, Knospen und Blüten, Beeren und andere Früchte, Kartoffeln und Rüben. Ringeltauben bewohnen bewaldete Landschaften aller Art sowie Alleen, Parks und Friedhöfe, zuweilen auch die Zentren der Städte.