9. Oktober 2014 Bericht Seite 8 im Unter-Emmentaler. Von Barbara Pfister
Seit 20 Jahren «auf Vogelschau»
Im Herbst 1995 beteiligte sich der damals sehr junge Natur- und Vogelschutzverein erstmals an den internationalen Zugvogelbeobachtungstagen. Am vergangenen Wochenende konnte er nun zum 20. Mal den EuroBirdwatch auf dem Hinterarni durchführen. Was 1995 in kleinem Rahmen und eher schüchtern begann, wurde für den NV Wasen mit den Jahren, und nun insbesondere zum Jubiläum, zu einem Grossanlass. Festredner war der ehemalige Pfarrer der Kirchgemeinde Wasen, Ulrich Märtin.
Seit 20 Jahren führt der Natur- und Vogelschutzverein Wasen jährlich am ersten Oktoberwochenende auf der Hinterarnialp den Zugvogelbeobachtungstag / EuroBirdwatch durch. Ziel dieses Anlasses, der vom Schweizerischen Vogelschutz/BirdLife Schweiz organisiert wird, ist es, den Vogelzug zu beobachten und zu dokumentieren. Der Beobachtungsstand auf dem Hinterarni war einer von 64 Ständen schweizweit. Hier hat man bei gutem Wetter eine fantastische Rundumsicht und kann die vorbeiziehenden Vögel über weite Strecken verfolgen. Millionen von Zuvögeln durchqueren in diesen Tagen die Schweiz auf dem Weg in ihre Winterquartiere. Der Birdwatch bietet dabei eine gute Gelegenheit, dem Phänomen Vogelzug ganz nahe zu sein.
Hochnebel, danach Sonne
Dichter Nebel hüllte die Hinterarnialp und damit auch den Beobachtungsposten am Samstagvormittag vollständig ein. Dazu blies ein kühler Westwind. Nach dem Mittag löste die Sonne den Nebel jedoch auf, und mit der Wärme kamen auch die ersten Admirale übers Hinterarni, denn auch einige Schmetterlingsarten gehören zu den Ziehern. Der Samstagnachmittag war dann aber noch ein recht guter «Flugtag», und es konnten 39 verschiedene Zugvogelarten gezählt werden (der «Unter-Emmentaler» berichtete». Nach dem schwachen Regen in der Nacht erwachte der Sonntagmorgen bei Föhnlage mit Sonnenschein. Zwar wurden keine grossen Vogelschwärme gesichtet, jedoch viele verschiedene Arten. Mit der Wärme kamen die Greifvögel. Sperber, Turmfalke und Bussarde genossen den Flug in der warmen Thermik. Die Besucher am Beobachtungsstand nutzten die Gelegenheit und verfolgten durchs Fernglas oder Feldstecher Kormorane, Ringeltauben, Rotmilane, Stare, Bachstelzen, Buchfinken, Misteldrosseln, Wiesen- und Bergpieper, Erlenzeisig, Kreuzschnäbel, Heidelerche und viele mehr. Sogar ein Wanderfalke zog vorbei. Die anwesenden Zoologen Markus Krähenbühl und Christian Rösti vom NV Wasen beantworteten fachkundig die vielen Fragen zum Thema Vogelzug und Natur.
Hervorragende Infrastruktur
Das Interesse an diesem Sonntag am Beobachtungsstand war gross. Neben Hunderten treuen Besuchern fanden auch zahlreiche Mitglieder anderer Sektionen sowie eine Vorstandsvertretung vom Bernischen Vogelschutz den Weg auf das Hinterarni. Jedesmal darf der NV Wasen nach der Alpabfahrt die leer gewordene «Guschtischüür» auf dem Hinterarni für die Festwirtschaft während den Zugvogeltagen benützen. Wurde in den Anfangsjahren nur ein Teil des Stalles genutzt, wird heute der ganze Stall als Ausstellungs- und Festwirtschaftsort hergerichtet. Darin haben Mitglieder des Vereins in all den Jahren immer wieder viele schöne, sehenswerte Ausstellungen geschaffen. Dieses Jahr wurden Präparate aller Vogelarten ausgestellt, die in den letzten 20 Jahren am häufigsten vorbeiflogen. Der Samstagabend ging, wie immer, bei gemütlichem Beisammensein und volkstümlicher Musik vom Duo Röthlisberger zu Ende.
Beliebter Gastredner
Im kurzen Festakt am Sonntag begrüsste der Präsident des NV Wasen, Martin Leuenberger, den ehemaligen Pfarrer von Wasen, Ueli Märtin, als Gastredner. Gegenseitig war die Freude gross, sich auf dem Hinterarni begrüssen zu dürfen. Ueli Märtin und Martin Leuenberger erinnerten sich gerne an die schöne Zeit in Wasen zurück, in der sie beruflich viel miteinander verbunden waren. In seinem Grusswort erzählte Ueli Märtin die Legende um den verehrten Kirchenmann Franz von Assisi und dessen berühmte Worte der Vogelpredigt, und er sprach von Charles Darwin, einem der bekanntesten Naturforscher und bedeutendsten Naturwissenschaftler. Beide wurden vor Hunderten von Jahren schon mit den gleichen Gedanken und Motiven angetrieben wie heute alle Liebhaber der göttlichen Schöpfung. Aus diesem Zusammenhang sei zu schliessen, dass der Natur- und Vogelschutzverein Wasen die selben Gedanken pflegt wie einst diese zwei berühmten Männer. Die Grussbotschaft von Ueli Märtin fand bei den Besuchern grosse Zustimmung und wurde mit Applaus gewürdigt. OK-Präsident Martin Pfister überreichte Ueli Märtin einen schön verzierten Vogelkasten als Erinnerung. Als Dank für seinen jahrelangen Einsatz als Organisator des Birdwatch auf dem Hinterarni durfte Martin Pfister von Martin Leuenberger ebenfalls ein Geschenk in Empfang nehmen. Im Anschluss an den Festakt wurde vor dem Guschtistall um Blumen und Lebkuchen gezwirbelet. Die Festwirtschaft im Freien an angenehm warmer Herbstsonne lief auf Hochtouren, und am Zugvogelbeobachtungsstand wurden bis zum Zählschluss am Nachmittag 47 Arten Zugvögel gesichtet. Insgesamt wurden an diesem Wochenende auf dem Hinterarni 2644 Zugvögel gezählt, die häufigsten Arten waren Buchfink, Stare und Bergpieper.