29. Novemer 2012 Frontseite. Bericht im Unter-Emmentaler. Von Liselotte Jost-Zürcher
Nistkästen bauen statt «schutte»
20 Jahre Natur- und Vogelschutzverein Wasen i. E. Vor bald 30 Jahren stiegen Martin Leuenberger und Stefan Finger erstmals mit einem Nistkasten unter das Dach der damaligen «Tubaki» in Wasen. Es war der Anfang eines langjährigen, intensiven und fruchtbaren Werks, das sie und ihren jüngeren Kollegen Matthias Flückiger im ganzen Mittelland herumführte. 1993 wurde mit ihnen an der Spitze der Natur- und Vogelschutzverein Wasen gegründet. Vom 2. bis 5. Januar 2013 feiert der Verein das 20-jährige Bestehen.
So ganz aufmerksam waren die drei Buben Martin Leuenberger, Stefan Finger und Matthias Flückiger im Schulunterricht wohl nicht immer. Besorgt beobachteten sie jedenfalls im Mai 1984 ein Mauersegler-Paar, das im Storenkasten der damaligen Tabakfabrik (heute Mopac) brütete. Mit dem Betätigen der Storen wurde das Nest zerstört. «Dene Vögu mues me ä Chaschte häretue!», war für die Schüler klar. Gesagt getan. Sie erhielten vom Unternehmen die Bewilligung. In einer halsbrecherischen Aktion befestigte Stefan Finger – damals zwölfjährig – unter dem Dach der «Tubaki» einen Kasten – «dirigiert» von Martin Leuenberger, der sich vis-à-vis aus dem Schulhausfenster hinauslehnte und befürchtete: «Da geit nie eine ine, dä Chaschte hanget viu ds töif». Aber beinahe Stefans Händen nach schlüpften die Mauersegler in den Nistkasten und begannen emsig mit der Neugründung ihrer Familie. Es war der Beginn eines aufwändigen, aber überaus fruchtbaren Werks und einer ebenso langen Freundschaft zwischen den Knaben.
Unterwegs bei Wind und Wetter
Gemeinsam mit dem noch jüngeren Matthias Flückiger erwarben sich die drei Schüler ein fundiertes Wissen über Alpen- und Mauersegler, über Vögel überhaupt. Bald schon hingen im Dorf gegen 200 Nistkästen – an den möglichsten und unmöglichsten Orten, aber immer so, dass die Buben Zugang hatten. Bei Wind, Wetter und Schnee waren sie mit den Töfflis unterwegs, spürten in ihrer Begeisterung oft wohl kaum die klammen Finger und kalten Füsse. Fussball spielen oder «Desume hange» war für sie nie ein Thema. Jahre später hingen allein in Wasen über 600 Nistkästen, und der Sandsteinkirchturm Wasen, wie auch derjenige von Sumiswald und Schloss Trachselwald, war mit Schlupfspalten und dahinter montierten Kästen für die Segler versehen. Dass sich die drei Vogelliebhaber oft gefährlichen Situationen und Kletterpartien aussetzten, braucht kaum erwähnt zu werden. «Was mer hei gmacht, hei mer rächt wöue mache», blicken die heutigen Familienväter im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler» zurück.
Vorträge und Dokumentationen
Vielmehr noch. Sie dokumentierten ihre Aktivitäten und Beobachtungen bis heute und stellten Diavorträge zusammen, die sie im ganzen Bernbiet, sogar bis nach Freiburg und in den Kanton Solothurn herumführten. Das Wissen und Herzblut der Jünglinge faszinierte Jung und Alt. 1992 erhielten sie die schweizerische Anerkennung und den Preis «Jugend schützt». Die 600 Franken wurden selbstredend in weitere Nistkästen gesteckt. Wo immer Martin Leuenberger, Stefan Finger und Matthias Flückiger anfragten, sei es bei Gemeinden oder Unternehmen, stiessen sie auf offene Türen, um neue Nistkästen befestigen zu können. Zu einem ihrer Vorträge, es war in Rohrbach Ende 1992, kam auch Martin Müller, der damalige Präsident des Berner Vogelschutzes (BVS). Er ermutigte sie, einen Naturschutzverein zu gründen und als Sektion dem BVS beizutreten. Das war für die drei nochmals eine grosse Herausforderung, aber auch eine Erleichterung. Martin Leuenberger und Stefan Finger waren mittlerweile in der Lehre, beziehungsweise eben fertig damit; Matthias Flückiger ging immer noch zur Schule. Finanziell und zeitlich waren die Burschen allerdings ans Limit geraten und durchaus willig, ihr Werk und vor allem den riesigen Aufwand auf weitere Schultern zu verteilen. Martin Müller half ihnen, den Verein auf die Beine zu stellen. Mann der ersten Stunde war auch Andreas Berger, der anstelle von Matthias Flückiger als Vereinsgründer und auch im Vorstand mithalf, denn Matthias war dazu rechtlich gesehen noch zu jung.
Konstante Mitgliederzahlen
Die Sorge der drei jungen Leute, dass dies «niemanden interessieren würde», war vergebens. Mit 30 Aktivmitgliedern und rund 200 Passiven – das heisst Gönnern – wurde der Verein nur vier Monate später, im März 1993, ins Leben gerufen. Unzählige Aufgaben wie die Bestandesaufnahme der Vögel, bauen, befestigen, betreuen, reinigen und kontrollieren, aber auch das Weiterentwickeln der Nistkästen, Aufwerten von Lebensräumen dazu Beratungen im ganzen Land und immer wieder Vorträge, konnten nun auf weitere aktive Natur- und Vogelliebhaber verteilt werden. Der Aktivmitgliederbestand blieb konstant, die rege Vereinstätigkeit ebenfalls. Der im Jahr 1995 erstmals durchgeführte Zugvogeltag auf dem Hinterarni, im Rahmen des internationalen «EuroBirdwatch», ist heute ein Volksfest. Dank den Gönnern und den Vereinsbeiträgen ist auch die Finanzierbarkeit des Werks gewährleistet.
Jubiläumsfeier mit Andreas Aebi
Im Rahmen der traditionellen Ausstellung nach dem Neujahr, vom 2. bis 5. Januar 2013 in der Aula und in der Turnhalle der Schule Wasen, feiert der Verein sein 20-Jahr-Jubiläum. Schönste Bilder und Filme des Natur-Fotografen Andreas Krähenbühl aus Madiswil/Leimiswil werden die Ausstellung bereichern. Der Anlass wird am Mittwochabend, 2. Januar, von Nationalrat Andreas Aebi eröffnet.